Schachvereine auf Social Media – Wie geht das und lohnt es sich überhaupt?

“Schach? Das ist doch was für alte Leute!” Solche und ähnliche Klischees halten sich hartnäckig. Wenn man sich die Internetauftritte deutscher Vereine anschaut, hat man aber leider oft den Eindruck, dass die Aussage wahr ist. Eine Organisation, die für junge Menschen attraktiv sein will, aber sich präsentiert wie vor 20 Jahren, das scheint nicht recht zusammenzupassen. Bei der DSJ-Akademie im Juni 2022 und bei der Bundesvereinskonferenz von DSB und DSJ im August 2022 habe ich jeweils einen Workshop angeboten, um gemeinsam mit den Teilnehmenden zu untersuchen, wie Schachvereine im Internet (bzw. konkret auf Social Media) präsentieren. Gesammelt wurden jeweils Ideen, wie man möglichst zeiteffizient gute Inhalte produziert und was man besser vermeidet. Dieser Blogeintrag versteht sich als eine Verschriftlichung der Diskussionen vor Ort und hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Welche Social-Media-Plattformen gibt es überhaupt?

Hier eine kurze (natürlich unvollständige) Auflistung mit subjektiver Einschätzung ihrer Relevanz für Schachvereine:

  • Facebook. Die Plattform hat immernoch sehr viel Reichweite, das ist aber stark altersabhängig. In meinem Alter nutzt so gut wie niemand mehr aktiv Facebook, das ist was für “ältere Leute” (damit meine ich hier Ü30 😉). Je nach persönlicher Ansicht rangiert Facebook in der Wichtigkeitsskala damit zwischen “Must-have” (sagt z.B. Conrad Schormann) und “sinnvoll, wenn man sich an ältere Leute richten will, z.B. erwachsene Schachspieler:innen oder Eltern potentieller Jugendspieler:innen” (meine Meinung). Auf Facebook kann man Bilder, Videos und reine Texte posten.
  • Instagram. Die rein bildbasierte Plattform gehört zum gleichen Mutterkonzern wie Facebook, hat aber dafür eine deutlich jüngere Zielgruppe und ist auch unter Jugendlichen ziemlich weit verbreitet. Ist unsere Zielgruppe also deutlich unter 30 Jahre alt, dann ist Instagram aus meiner Sicht die Plattform der Wahl.
  • Twitter. Das soziale Netzwerk mit einer Zeichenbeschränkung auf 280 Zeichen je “Tweet” ist für mich ein gutes Medium, um sich mit anderen Gleichgesinnten auszutauschen. Meiner Erfahrung nach bleibt man dabei aber recht stark in seiner “Bubble”. Für mich privat ist das toll, für einen Schachverein, dessen Tweets ja gerade auch Leute sehen sollen, die damit noch nicht viel zu tun haben, ist das nicht ganz so gut. Aus meiner Sicht kann Twitter zwar eine gute Ergänzung sein und eignet sich besonders für “aktuelle” Neuigkeiten, aber als einzigen Social-Media-Account würde ich eher einen der obigen empfehlen.
  • Youtube. Auf Youtube kann man Videos verfügbar machen, um sie dann anderswo zu nutzen, z.B. als Imagevideo auf der Website. Es schadet dann nicht, einen Account anzulegen, auch wenn man ihn nicht regelmäßig nutzt. Wirklich regelmäßig Videos zu produzieren, ist ein ordentlicher Aufwand (erst recht, wenn die Videos auch gut sein sollen) und für die meisten Vereine wohl nicht empfehlenswert.
  • Twitch. Es gibt bzw. gab ein paar wenige Vereine, die auf der Livestreaming-Plattform aktiv sind. Auch hier ist der Aufwand für Vereine i.d.R. zu hoch. Falls Twitch eingesetzt wird, können die Streams danach als Video auf Youtube gestellt werden. Damit bekommt man vermutlich nicht viele Klicks, aber immerhin besser als gar keine. Livestreams auf Youtube selbst kann ich aufgrund der toxischen Community dort nicht empfehlen.
  • Tiktok. Die chinesische Plattform setzt auf viele kleine Videos im Hochformat, durch die man endlos scrollen kann. Die Inhalte werden Nutzer:innen automatisch basierend auf deren Interessen angezeigt und hängen nur bedingt davon ab, wem man folgt. Für Vereine ist Tiktok meiner Einschätzung nach ungeeignet, weil es hier noch schlechter möglich ist, eine “lokale” Zielgruppe anzusprechen. Für die DSJ wäre es theoretisch denkbar. Möglicherweise bin ich aber auch schlicht zu alt, um Tiktok zu verstehen… Tiktok geht (wie die meisten anderen Plattformen auch) eher zweifelhaft mit persönlichen Daten um. Ob man es jetzt schlimmer findet, wenn chinesischen Firmen Datenschutz egal ist als bei amerikanischen Firmen wie Facebook, das ist dann wohl Ansichtssache.
  • Mastodon. Der einzige Eintrag auf diese Liste, der nicht in der Hand großer Konzerne ist. Mastodon ist ein über viele einzelne Server verteiltes Netzwerk. Die DSJ betreibt selbst einen davon, nämlich https://schach.social, dort kann jeder einen Account erstellen und sich von dort auch mit vielen anderen Plattformen verbinden. Aufgrund der geringeren Anzahl an Nutzer:innen als bei den “klassischen” Netzwerken ist der Reichweiteneffekt begrenzt. Im Gegensatz zu den obigen Plattformen kann ich schach.social datenschutzmäßig allerdings ohne Bauchschmerzen empfehlen. Mastodon lässt sich relativ einfach zusammen mit Twitter betreiben, sodass Posts auf der einen Plattform automatisch auch auf die andere kopiert werden.

Grundsätzlich können alle diese Plattformen helfen, den Verein im Netz zu präsentieren! Wenn du Jugendliche im Verein hast, die Lust haben, einen Instagram-Account zu erstellen und mittelfristig zu betreuen, lass sie das machen. Hast du zwei Leute, die für den Verein Training auf Twitch geben wollen, lass sie machen. Wenn jemand Lust hat, Tiktok-Videos zu machen: Warum nicht? Alles davon hilft dem Verein!

Wenn es darum geht, mit möglichst wenig Zeit möglichst viel zu erreichen, empfehle ich Facebook und Instagram. Die beiden Plattformen lassen sich gut gemeinsam mit Inhalten befüllen (über “Meta Business” kann man die Accounts verknüpfen und dann Posts direkt doppelt posten).

Zielsetzung

Bevor es losgeht, sollte noch geklärt werden, was wir mit dem Vereinsaccount eigentlich erreichen wollen. Meistens wird das ungefähr so lauten: Der Account ist neben der Website ein weiteres digitales Aushängeschild und soll einladend auf Fremde wirken.

Welche Inhalte kann man da posten?

Alles Mögliche! Am besten soll dort die Vielfalt eures Vereinslebens abgebildet werden. Die neuesten Ergebnisse vom Mannschaftskampf sind bestimmt interessant, aber dein Verein hat (hoffentlich) noch viel mehr zu bieten. In Social-Media-Posts können durchaus auch Emotionen transportiert werden! Wenn dein Team ein wichtiges Turnier gewonnen hat, darf diese Freude auch durchaus rüberkommen (Bild mit strahlenden Siegern und Pokal statt nur ein Zweizeiler).

Die Sache mit den Fotos

Instagram ist eine fotobasierte Plattform, d.h. ein Foto ist hier Pflicht. Aber auch auf Facebook und Twitter empfehle ich dringend, Fotos zu verwenden, sie machen den Beitrag wesentlich auffälliger und das Auge bleibt beim Doom-Scrolling eher daran hängen. Fotos auf Instagram und Facebook haben idealerweise das Format 1:1, auf Twitter 16:9. In anderen Formaten kann es passieren, dass die Vorschau komisch zugeschnitten ist. Im Normalfall kann man aber beim Posten direkt auf das gewünschte Format zuschneiden. Wie man gute Schachfotos macht, erkläre ich nicht, sondern verweise nur auf den Artikel Ran ans Motiv und immer in die Hocke.

Storys

Instagram und Facebook bieten neben den normalen Beiträgen noch eine weitere Art, Inhalte hochzuladen, nämlich die sogenannten Storys. Hier kann man Fotos und kurze Videoschnipsel im Hochformat (9:16) hochladen, die allerdings immer nur 24h sichtbar sind und dann wieder verschwinden. Daher bietet sich oft Folgendes an: Bei Events kann man direkt live Storys posten und so die “Follower” quasi live an der Veranstaltung teilhaben lassen. Auf perfekte Fotos kommt es hier nicht an, wichtiger ist, dass sich überhaupt was tut. Nach der Veranstaltung kann man dann einen Beitrag mit den besten Fotos veröffentlichen und da ggf auch höhere Qualitätsstandards anlegen.

Fazit

Accounts bei Social-Media-Plattformen bieten Vereinen die Möglichkeit, sich neben der Homepage im Internet zu präsentieren und sich mit anderen (Mitglieder, Vereine, Menschen vor Ort) zu vernetzen. Man sollte es jedoch auch nicht übertreiben: Lieber hat ein Verein einen gut gepflegten Account als fünf, die mehr tot als lebendig sind. Und wenn die Zeit nichtmal reicht, einen Account ordentlich zu betreiben, dann ist vermutlich die Zeit besser in eine gute Homepage investiert. Wie das geht, ist dann aber ein ganz anderes Thema…

About the Author: Leonid Löw